Eine Winterreise: Mit dem Renault R5 quer durch Österreich

Überzeugendes Infotainment, angenehm zurückhaltende Assistenten und treffsichere Ladenroutenplanung. Selbst unter harten winterlichen Bedingungen zeigt der R5 seine Stärken, allerdings mit höherem Verbrauch und überschaubarer Reichweite.

Ausgangslage und Rahmenbedingungen

Eine Autobahnfahrt quer durch Österreich im Februar verlangt einem Elektroauto einiges ab. Kalte Luft, nasse Fahrbahnen und Schneewetter stellen Effizienz und Reichweite auf die Probe. Im Test fuhren wir den Renault R5 von Wien nach Vorarlberg und wieder retour und kombinierten dabei lange Autobahnpassagen mit Abschnitten über höher gelegene Regionen und kurzen Landstraßenetappen. Genau hier zeigt sich, wie ausgewogen ein E-Auto abgestimmt ist und ob das Gesamtsystem aus Antrieb, Thermomanagement, Software und Assistenz stimmig zusammenspielt.

Im Fokus stand weniger die letzte Zehntelsekunde beim Beschleunigen als vielmehr die Frage, wie entspannt und verlässlich das Fahrzeug eine echte Winter-Langstrecke bewältigt. Schon vor dem Start war klar, dass die Temperaturen und die Straßenverhältnisse ihren Tribut fordern würden. Umso spannender war es, ob das Fahrverhalten, die Planung der Ladestopps und das Verhalten der Assistenten auch unter erschwerten Bedingungen standhalten.

Platzangebot: Stärken vorn, Abstriche hinten

Im vorderen Bereich fühlt man sich schnell zu Hause. Sitzposition und Übersichtlichkeit sind stimmig, und die vorderen Sitze bieten ausreichend Platz. In der zweiten Reihe stößt der R5 hingegen an Grenzen. Größere Personen haben bei der Beinfreiheit weniger Spielraum. Was bei kürzeren Wegen noch akzeptabel ist, kann auf längeren Abschnitten ungemütlich werden. Bei entsprechender Drei-Personen-Kombination ist jedoch hinter dem Beifahrersitz eine ausreichende Beinfreiheit gegeben.

Obwohl der Kofferraum zwar verhältnismäßig tief ist, ist die Tiefe ein paar Zentimeter zu kurz, um kleine Bordkoffer hochkant hineinzulegen. Das verhindert zwar meist eine vollständige Ausnutzung des Stauraums, ist aber in unserem Fall mit zwei Personen nicht negativ aufgefallen. Störender war in diesem Zusammenhang eher die fehlende Staumöglichkeit für das Typ-2-Kabel außerhalb des doppelten Bodens, insbesondere bei einem vollen Kofferraum. Ein Frunk ist zudem auch nicht vorhanden.

Infotainment als Reisebegleiter

Ein klarer Pluspunkt des Renault R5 ist das Infotainment. Die Darstellung ist übersichtlich, die Menüs sind logisch aufgebaut, und es gibt zahlreiche Anpassungsmöglichkeiten. Besonders hilfreich sind die spezifischen Reichweitenanzeigen für unterschiedliche Szenarien. Das System zeigt, wie weit man bei Autobahntempo, auf der Landstraße oder im Stadtverkehr kommt. Diese ehrliche Transparenz unterstützt bei einer bewussten Fahrweise und hilft bei der realen Reichweiteneinschätzung.

Sehr präsent ist der integrierte Sprachassistent Reno und erklärt mit Vorliebe seine Hilfsbereitschaft. Neben Standardbefehlen wie der Klimasteuerung oder der Telefonie können auch Kontextbefehle sowie EV-spezifische Navigationsbefehle größtenteils einwandfrei umgesetzt werden. Wenn man etwas bemängeln möchte, ist die Auswahl der Befehle zu nennen, bei der die Ambientebeleuchtung im Innenraum gesteuert werden kann, Fenster jedoch nur per Tastendruck zu öffnen sind. Positiv: sollte man kein Interesse an einer Assistenz haben, kann man Reno, wenn auch etwas versteckt, vollständig deaktivieren.

Die Integration von Google Maps im Betriebssystem ist nahtlos, zuverlässig sowie größtenteils individualisierbar. Hinzu kommt, dass relevante Fahrdaten schnell erreichbar sind und Fahrmodi oder Klimaeinstellungen leicht erreichbar sind. Zwischen Entertainment, Verbrauchsstatistik und Einstellungsmöglichkeiten lässt sich ohne Umwege wechseln. Die Lernfähigkeit der Reichweitenprognosen ist ein weiterer Pluspunkt: Die anfängliche Überschätzung wich rasch einer realitätsnahen Einschätzung, sobald das System ausreichend Daten aus den konkreten Fahrbedingungen gesammelt hatte.

Verbrauch, Reichweite und die Realität auf der Autobahn

Auf der Langstrecke schlug sich der Renault R5 grundsätzlich einwandfrei, verlangte auf dieser Tour aber Disziplin bei der Ladeplanung. Der Test verlief unter widrigsten Bedingungen, mit Temperaturen zwischen -3° und 5° Celsius inklusive Schneeregen. Der Verbrauch lag, wie zu erwarten, höher als in milderen Jahreszeiten und bewegte sich zwischen 23 und 26 kWh/100 km. Für die rund 650 km zwischen Wien und Vorarlberg waren somit pro Richtung vier kurze Ladestopps für die zeiteffizienteste Route notwendig. Positiv hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass bei jeder Ladepause der Renault 5 eine konstante Ladegeschwindigkeit trotz niedriger Temperaturen und widriger Umstände aufwies und damit die Pausenlänge sehr berechenbar wurde.

Dennoch ist auf der Langstrecke ein erhöhtes Maß an Ladeplanung notwendig. Je nach gewähltem Reisetempo sind bei diesen winterlichen Bedingungen kaum mehr als 150 km möglich. Jedoch unterstützt die Navigation auch ungeübte Personen mit einer realistischen Reichweitenberechnung sowie automatischer Laderoutenplanung inklusiver ausreichendem Puffer.

Assistenzsysteme, Fahrdynamik und Langstreckenkomfort

Auch die Fahrassistenten unterstützen umfassend, ohne in das Fahrverhalten störend einzugreifen. Die eingestellten Abstände werden zuverlässig eingehalten und das System reagiert auch bei engeren Situationen ruhig und kontrolliert. Temposchilder werden überwiegend richtig erkannt, sofern keine Zusatzschilder vorhanden sind. Lediglich bei Schnee oder Schmutz an den Sensoren bei der Frontstoßstange kommt es relativ schnell zu einer Fehlermeldung und einer vollständigen Abschaltung der Assistenzsysteme. Bei den schneeähnlichen Bedingungen in unserem Test integrierten wir die Reinigung in die Ladepausen und konnten damit Fehlfunktionen überwiegend verhindern.

Die Abstimmung des Renault R5 ist für den ursprünglichen Einsatzzweck ideal, kann aber auch auf Langstrecke seine Stärken ausspielen. Der Wagen vermittelt ein sicheres, berechenbares Gefühl. Spurrillen, rutschiger Untergrund und Seitenwind auf der Autobahn stellen keine Hindernisse dar. Das Auto wirkt weder nervös noch träge, und auch beim Überholen bei höheren Geschwindigkeiten werden Strombefehle direkt umgesetzt. Die Leistungsentfaltung ist für den Alltag sowie bei höheren Geschwindigkeiten vollkommen ausreichend und vermittelt besonders auf der Landstraße ein agiles Fahrgefühl. Bei nasser Fahrbahn und starker Beschleunigung muss aufgrund des Frontantriebs mit durchdrehenden Reifen gerechnet werden, allerdings wird in diesem Fall mittels Software umgehend für die nötige Traktion gesorgt.

Obwohl nicht für die Langstrecke gemacht, stellte sich auch bei längeren Etappen kein Druckgefühl bei den Sitzen ein. Zwar sind die Anpassungsmöglichkeiten speziell für größere Personen begrenzt, dennoch konnten wir keine Ermüdung aufgrund der Sitzposition verzeichnen. Bei Erholungsbedarf während der Ladepausen kann die Lehne der Vordersitze verhältnismäßig weit zurückgelehnt werden.

Fazit

Der Renault R5 meistert die Winter-Langstrecke von Wien nach Vorarlberg und zurück ohne Dramatik, verlangt aber eine bewusste Herangehensweise. Bei kalten Bedingungen, nassen Fahrbahnen und hohem Autobahnanteil fällt der Verbrauch höher aus, die Reichweite ist begrenzt. Das Infotainment überzeugt mit klarer Darstellung, nützlichen Reichweitenansichten für Autobahn, Land und Stadt sowie einer Prognose, die nach kurzer Lernphase gut zur Realität passt. Die Assistenzsysteme arbeiten angenehm unaufgeregt, sind jedoch bei verschmutzten Sensoren leicht fehleranfällig. Die zweite Sitzreihe ist für die Langstrecke definitiv zu eng und auch der Kofferraum stößt bei mehr Gepäck leicht an seine Grenzen.

In der Summe präsentiert sich der R5 dennoch als harmonisches Gesamtpaket, das solide seine Leistung auch bei widrigen Wetterbedingungen erbringt. Besonders für vereinzelte Langstrecken ohne Zeitdruck beweist der R5 seine Stärke als loyaler Begleiter und ermöglicht damit trotz höherem Ladebedarf eine stressfreie Fahrt. Lässt man sich auf diese Kompromisse ein, erhält man ein kompaktes E-Auto mit intuitiver Bedienung, agiler Fahrdynamik und zuverlässiger Software.

Technische Daten

Preis

35.740,00

Leistung

110 kW

max. Drehmoment

245 Nm

Beschleunigung

8,0 s

Höchstgeschwindigkeit

150 km/h

Leergewicht + Fahrer:in

1450 kg

Ladevolumen

326 L– 1.106 L (Rücksitze umgeklappt)

Batteriekapazität (netto)

52 kWh

Ladegeschwindigkeit (AC/DC)

max. 11 kW/max. 100 kW

Reichweite (WLTP)

410 km

Abmessungen (L/B/H)

1500 mm /1774 mm/ 3920 mm

Redaktioneller Hinweis: Das Testauto wurde von Renault für einen Zeitraum von zwei Wochen für einen Praxistest zur Verfügung gestellt. Es wurde kein Einfluss auf unsere Berichterstattung genommen.

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