CUPRA Tavascan – Sportliche Effizienz oder effiziente Sportlichkeit?

Der CUPRA Tavascan zeigt, wie vielseitig ein SUV sein kann: viel Platz, sehr direkte Lenkung und dennoch im Alltag niedrige Verbräuche. Wir waren gespannt, welche Akzente die sportliche Interpretation der MEB-Plattform setzt und haben den Tavascan inkl. Winterpaket auf Herz und Nieren getestet.

Karosserie, Innenraum und Materialeindruck

Begrüßt von einem Cupra Logo bei den Vordertüren trifft man im Cockpit auf reduziertes Design mit klaren Linien. Trotz einiger Hartplastikflächen wirkt der Innenraum stimmig. CUPRA setzt an den primären Berührungspunkten auf weiche Oberflächen, was die Haptik im Alltag spürbar aufwertet. Die Sportschalensitze bieten im Schulterbereich und seitlich guten Halt, fallen aber eher straff aus. Obwohl damit das sportlich‑direkte Sitzgefühl im Vordergrund steht, sind auch auf längeren Etappen keine übermäßigen Ermüdungen eingetreten. Weniger sportlich fällt die zweite Sitzreihe aus, bietet aber dennoch ausreichenden Sitzkomfort und Beinfreiheit für durchschnittliche Personengrößen. Eine Mittelkonsole ist leider nicht vorhanden.

Trotz dominanter Mittelkonsole in der ersten Reihe wurde dennoch nicht auf Stauraum verzichtet. Neben dem großzügigen Türfach, mit Platz für 1-Liter-Flaschen, wartet die Mittelkonsole mit einem großen Staufach auf. Die induktive Ladeschale liegt hinter einem Mittelsteg und ist deshalb nicht immer gut zu erreichen, wohingegen die Becherhalter in angenehmer Reichweite liegen. Vorne, wie auch im Kofferraum, steht ein 12‑Volt‑Anschluss bereit, jedoch ebenso etwas versteckt, was je nach Anwendungsfall hinderlich sein kann.

Der Kofferraum selbst ist geräumig und alltagstauglich. Auch bei sperriger Ladung ist genügend Platz vorhanden, obwohl bei umgeklappter Rückbank kein ebener Ladeboden möglich ist. Die Rückbank ist im Verhältnis 1/3 zu 2/3 geteilt, jedoch fehlt eine Durchreiche für überlange Gegenstände.

Bedienung und Infotainment

Die Bedienlogik ist gewohnt MEB‑typisch, allerdings auch die Eigenheiten. Das Navigationssystem arbeitet schnell und zielgerichtet und ist teilweise individualisierbar. EV-spezifische Funktionen, wie Laderoutenplanung oder Batteriemanagementanzeige, sind nahtlos integriert und besonders Letzteres bietet eine vielfältige Informationsvielfalt über Ladegeschwindigkeit und dergleichen. Negativ aufgefallen sind weiterhin die Touchpad-Tasten am Lenkrad, die bei uns zu häufigen Fehleingaben führten. Die Lautstärkeregelung wurde vielfach durch Lenkbewegungen ausgelöst und auch der Wechsel zwischen vorderen und hinteren Fensterhebern reagierte nicht immer zuverlässig.
Die jeweiligen Informationen werden auf beiden Bildschirmen übersichtlich dargestellt und bieten ausreichend Individualisierungsmöglichkeiten. Hilfreiche Hinweise werden auch auf dem Fahrdisplay angezeigt und vermindern damit eine übermäßige Ablenkung. Die Konnektivität über verschiedene Anschlussmöglichkeiten funktionierte einwandfrei.

Assistenzsysteme und Fahrverhalten

Die Liste an Serienhelfern ist üppig: Travel Assist, ACC, Spurhalteassistent, Front Assist, Blind‑Spot‑Sensor mit Ausparkassistent, Verkehrszeichenerkennung und vieles mehr. Der adaptive Abstandsregeltempomat arbeitet souverän und ruhig. Er hält die Distanz gelassen, vermeidet hektische Bremsstöße und fügt sich harmonisch in den Verkehrsfluss ein. Auch die Verkehrszeichenerkennung arbeitet zuverlässig und liest auch Zusatztafeln überwiegend korrekt ein. Die teils gesetzlich vorgeschriebenen Warnhinweise erfolgen unaufdringlich und zeigen dennoch, besonders beim Totwinkelwarner, zuverlässig die Gefahrenquelle an. Lediglich die Lenkradberührungserkennung reagiert unpräzise. Locker aufgelegte Hände werden öfter nicht erkannt, selbst anschließendes leichtes Ruckeln wird teilweise verspätet registriert. Voll-LED-Scheinwerfer sorgen für eine ausreichende Ausleuchtung und der Fernlichtassistent ist über weite Strecken zuverlässig. Lediglich Betonwände und kurvenreiche Strecken stellen zumeist eine Herausforderung dar.

Für den Parkvorgang sind Parksensoren rundum, eine Rückfahrkamera sowie ein Parkassistent vorhanden, der zuverlässig von selbst in registrierte Lücken lenkt. Wie bei vielen Konkurrenzsystemen sind auch hier andere Objekte als Orientierungspunkt notwendig. Übernimmt man selbst das Steuer, unterstützt eine 360°-Ansicht beim Parkvorgang.
Der Tavascan fährt sich unmittelbarer als viele seiner MEB‑Verwandten. Das beginnt bei der Lenkung, die sehr direkt ausgelegt ist und besonders auf kurvigen Landstraßen Fahrspaß verspricht. Gleichzeitig wirkt die Vorderachse dadurch auf langen Autobahnetappen ein wenig nervös. Wer entspannt gleiten will, muss sich möglicherweise erst an den kleinen Spielraum für Korrekturen gewöhnen. Das Sportfahrwerk ist straff abgestimmt, Querfugen und kurze Kanten werden klar durchgereicht. Dennoch wurde ein gesundes Mittelmaß zwischen Sportlichkeit und Komfort gefunden.

Das Bremsgefühl hingegen fällt weich aus. Rekuperationsstufen lassen sich MEB‑typisch über die Fahrmodi und die Rekuperationstasten hinter dem Lenkrad steuern. Ein vollständiges One-Pedal-Driving ist nicht vorhanden, jedoch kann dieses über die Rekuperationsstufen und den Abstandstempomaten über weite Strecken simuliert werden.

Verbrauch und Ladeverhalten

Trotz seines sportlichen Fokus ist der Verbrauch entlang der gewohnten MEB-Verbräuche verhältnismäßig niedrig und erlaubt damit ansehnliche Reichweiten. Im urbanen Profil waren auf dem Bordcomputer 15 kWh je 100 Kilometer angezeigt, auf der Landstraße pendelte sich unser Konsum zwischen 17 und 19 kWh ein. Besonders beeindruckend fiel der Autobahnverbrauch aus, der unter idealen Bedingungen ab 19 kWh startete und selbst bei sportlicherer Fahrweise auf nur 21 kWh stieg. Zusätzlich positiv fiel auch die Konstanz der Verbräuche aus, die eine persönliche Reichweiteneinschätzung sehr erleichtert. Reichweiten von rund 400 km sind damit nicht selten und ermöglichen damit ein angenehmes Reisegefühl.

Ebenso zuverlässig ist das Ladeverhalten an der Schnellladesäule. Mit einem von uns gemessenen kurzzeitigen Peak von 140 kW übertrifft der Tavascan seine angegebene Leistung von 135 kW. Außerdem fällt die Ladekurve flach aus, was die Bandbreite an sinnvollen Ladeszenarien erhöht. Die verlässliche Reichweitenberechnung bei niedrigeren Ladeständen führt auch unerfahrene Elektromobilist:innen sicher ans Ziel. Kritisch anmerken lässt sich beim Thema Laden, dass AC-seitig lediglich 11 kW möglich sind, womit bei einer 77-kWh-Batterie leicht die üblichen Blockiergebühren ausgelöst werden können.

Fazit

Der CUPRA Tavascan trifft als sportlich gezeichnetes MEB‑SUV einen eigenen Ton. Sportliche Sitze, straffes Fahrwerk und präzise Lenkung vermitteln ein agiles Fahrgefühl. Dennoch überzeugt der Tavascan auch beim Thema Effizienz. In jedem Fahrprofil werden verhältnismäßig niedrige Verbräuche erzielt und damit eine Brücke zwischen Reichweite und Sportlichkeit geschaffen. Auch wenn nicht frei von Verbesserungsmöglichkeiten, insbesondere bei der haptischen Bedienung, setzte Cupra die passenden Akzente für einen stimmigen Begleiter, der sowohl Fahrspaß als auch umfassende elektrische Mobilität verspricht.

Technische Daten

Preis 54.300 €
Leistung 210kW
max. Drehmoment 545 Nm
Beschleunigung 6,8 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit 180 km/h
Leergewicht + Fahrer:in 2275 kg
Ladevolumen 540 L
Batteriekapazität (netto) 77 kWh
Ladegeschwindigkeit (AC/DC) 11/135 kW
Reichweite (WLTP) 566 km
Abmessungen (L/B/H) 4644 mm/1861 mm/1597 mm

Redaktioneller Hinweis: Das Testauto wurde von VW für einen Zeitraum von zwei Wochen für einen Praxistest zur Verfügung gestellt. Es wurde kein Einfluss auf unsere Berichterstattung genommen.

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