BYD positioniert den Atto 2 als soliden Alltagsbegleiter mit qualitativem Interieur, umfangreicher Software und viel Stauraum. Wir hatten 2 Wochen lang die Möglichkeit, dieses Versprechen auf die Probe zu stellen und unter realitätsnahen Bedingungen seine Stärken und Schwächen herauszufinden.
Interieur und Bedienung
Beim BYD Atto 2 wurde der Schwerpunkt klar auf Benutzerfreundlichkeit, guter Materialqualität im Innenraum und einer passenden Mischung bei der haptischen Bedienung gelegt. Direkt beim Einstieg fällt zunächst die Verarbeitung im Innenraum auf. Neben häufig berührten Flächen sind auch entferntere Bereiche hochwertig gestaltet. Viele Zonen sind weich unterschäumt und mit Kunstleder bezogen. Das sorgt nicht nur für eine angenehme Haptik, sondern wirkt sich auch auf die Akustik positiv aus. Der Gesamteindruck ist über dem Klassenschnitt: Nichts knarzt, die Übergänge wirken sauber, und die Oberflächen fühlen sich wertig an.
Optisch auffällig wurde die Mittelkonsole gestaltet, insbesondere mit dem kristallenen Schaltknauf. Umrahmt wird dieser von einer induktiven Ladefläche sowie haptischen Bedienelementen und verhältnismäßig tiefen Staufächern, sowohl in der Armablage als auch unterhalb der Mittelkonsole. Wichtige Alltagsfunktionen finden sich als Knopf wieder und auch die Klimaauslässe sind manuell einstellbar. Lediglich die Türfächer sind nicht üppig ausgefallen und zu klein für eine 1-Liter-Flasche.
Die intuitive Bedienung findet sich auch beim Lenkrad wieder, das nach einer kurzen Eingewöhnungsphase alle wesentlichen Funktionen enthält. Auch Bildschirm und Fahrer:indisplay sind übersichtlich gestaltet und enthalten viele Individualisierungsmöglichkeiten. Insbesondere das Hauptdisplay gewährt durch belegbare Schnelltasten einen schnellen Zugriff auf alltägliche Funktionen, die zuverlässig ausgeführt werden.
In der zweiten Reihe setzt sich der positive Eindruck fort. Auch für größere Personen ist ausreichend Bein- und Kopffreiheit vorhanden und ermöglicht auch auf längeren Fahrten ein komfortables Reisen. Vervollständigt wird das großzügige Raumgefühl durch ein groß dimensioniertes Panoramafenster. Genügend Stauraum findet sich auch im Kofferraum, der bei umgeklappten Sitzen einen nahezu ebenen Ladeboden ermöglicht, sowie über einen doppelten Boden verfügt. Verzichtet werden muss allerdings auf einen Frunk, obwohl Platz dafür vorhanden wäre.
Infotainment und EV-Funktionen
Der zentrale Bildschirm ist übersichtlich gestaltet. Typische Kernfunktionen sind meist mit wenigen Eingaben erreichbar. Das betrifft Navigationsaufrufe, Klimaeinstellungen, Mediensteuerung oder Assistenzschalter. Die Reaktionszeiten sind kurz, die Struktur weitgehend selbsterklärend. In der Tiefe, also in den weiter verzweigten Einstellungsmenüs, wird es stellenweise verschachtelt. Einzelne Optionen liegen in Untermenüs, die nicht auf Anhieb naheliegen. Auch finden sich noch vereinzelt blumige Übersetzungen. Wer sich jedoch einmal durch die Systematik gearbeitet hat, findet die entsprechenden Punkte wieder zuverlässig.
Die grafische Darstellung wirkt modern, die Menüflächen sind ausreichend groß dimensioniert, und individualisierbar. Neben den umfangreichen Entertainmentmöglichkeiten durch den eigenen App-Store wurden auch EV-spezifische Zusatzfunktionen mitgedacht. Die Navigation erfolgt zielgerichtet und berechnet umgehend die notwendigen Ladestopps ein. Diese werden übersichtlich dargestellt, enthalten alle relevanten Informationen und können darüber hinaus nach Bedarf individualisiert werden. Ebenso sind Ladebildschirm, Verbrauch und Ladeeinstellungen vorhanden, besitzen aber definitiv noch Verbesserungspotenzial. Allen voran fehlt eine eindeutige Verbrauchsangabe sowie einheitliche Tripmeter.

Assistenzsysteme und Fahrverhalten
Praktisch erweisen sich die klar erreichbaren Bedientasten in der Nähe des Schaltbereichs. Fahrmodi und Rekuperation lassen sich ohne Umwege anpassen, auch wenn ihre Auswirkungen nur begrenzt spürbar sind. Auch im verstärkten Modus verlangsamt die Rekuperation nur bedingt und bringt das Auto nicht vollständig zum Stehen. Negativ aufgefallen ist dieser Umstand bei kurvenreichen Bergstraßen, bei denen für ein E-Auto verhältnismäßig oft auf das Bremspedal gewechselt werden muss. Bei aktiviertem Abstandstempomat hingegen sind deutlich stärkere Bremsvorgänge möglich. Abgesehen davon schlägt sich dieser insbesondere bei übersichtlichen Situationen oder in der Staufolge gut und kann auf längeren Strecken entlasten. Komplizierte Spurführungen z. B. im Baustellenbereich bringen das Assistenzsystem jedoch oftmals an die Grenze und dieses bricht infolgedessen ohne Warnung ab. Feinjustierungen bei automatischer Beschleunigung und Bremsvorgängen in der Staufolge würden den Komfort noch deutlich steigern. Verkehrszeichen werden großteils zuverlässig erkannt und auch die gesetzlichen Warnhinweise können leicht deaktiviert werden. Der Aufmerksamkeitswarner fällt jedoch etwas nervös aus und reagiert empfindlich auf Blickänderungen.
Überaus komfortabel hingegen fällt das Fahrwerk aus, das klar auf eine sanftere Abstimmung ausgelegt ist. Querkanten, Schlaglöcher oder Fahrbahnunebenheiten werden glatt gebügelt und auf der Langstrecke entsteht ein angenehmes Reisegefühl. Nachteilig wirkt sich diese Abstimmung hingegen bei schnelleren Lenkbewegungen aus, die zu einem deutlichen Schwanken und schwammigen Fahrgefühl führen.
Im Vergleich dazu präsentiert sich die Lenkung direkt und überzeugt mit einem leichten Lenkgefühl. Im urbanen Gebiet sticht dabei die Wendigkeit heraus, die trotz der boxigen Abmessungen eine gute Manövrierbarkeit ermöglicht. Besonders in der Mischung aus Stadt und Umland spielt der Atto 2 seine fahrerischen Stärken aus. Die umfangreiche Unterstützung durch zahlreiche Kamerawinkel ermöglicht ein sicheres Manövrieren auch in engen Situationen.
Laden und Verbrauch
Aufgrund der verschachtelten Verbrauchsanzeigen lässt sich nur über Umwege ein realistischer Verbrauch ermitteln. In der Stadt ergeben sich damit Verbräuche zwischen 14 und 16 kWh und bestätigen damit den wesentlichen Einsatzzweck des Fahrzeugs. Sobald längere Passagen mit höheren Geschwindigkeiten hinzukommen, klettert der Verbrauch wohl auch aufgrund der Aerodynamik in die Höhe. Mit Werten zwischen 18 und 20 kWh auf der Landstraße und zwischen 19 und 23 kWh auf der Autobahn sinkt die reale Reichweite signifikant und ermöglicht damit Etappen von rund 200 km.
Die Reiselust auf der Langstrecke wird zudem von der Ladeleistung von 65 kW getrübt und verlangt längere Ladepausen von rund 30 Minuten von 10 auf 80 %. Von Vorteil ist dabei die stabile Ladekurve von durchschnittlich 59 kW, die zum urbanen Einsatzgebiet passt. Soll per AC geladen werden, sind mit 11 kW rund vier Stunden einzuplanen.

Fazit
Der BYD Atto 2 hinterlässt einen ausgewogenen Gesamteindruck, sofern das wesentliche Einsatzgebiet im urbanen Umfeld liegt. Hochwertige Materialien, eine durchdachte Mittelkonsole mit reichlich Anschlüssen und ein gut aufgebautes Infotainment schaffen ein Umfeld, in dem man sich schnell zurechtfindet. Wer einen kompakten Stromer für den Alltag mit guter Haptik, reichlich Stauraum und umfangreichen Softwarefeatures sucht, findet hier einen geeigneten Kandidaten. Dennoch sind auch in dieser Klasse noch einige Verbesserungen, allen voran bei der Ladeleistung, möglich, die die Vielseitigkeit stärken und auch für die Kompaktklasse den Mobilitätsradius steigern könnten.
Technische Daten
| Kategorie | Wert |
| Preis | 31.990 € |
| Leistung | 130 kW |
| Max. Drehmoment | 290 Nm |
| Beschleunigung (0–100 km/h) | 7,9 Sekunden |
| Höchstgeschwindigkeit | 160 km/h |
| Leergewicht | 1.570 kg |
| Batteriekapazität (brutto) | 45,1 kWh |
| Reichweite (WLTP) | 312 km |
| Ladegeschwindigkeit AC/DC | 11/65 kW |
| Ladevolumen | 400 – 1.340 Liter |
| Abmessungen (L/B/H) | 4.310 mm /1.830 mm/1.675 mm |
Redaktioneller Hinweis: Das Testauto wurde von BYD für einen Zeitraum von zwei Wochen für einen Praxistest zur Verfügung gestellt. Es wurde kein Einfluss auf unsere Berichterstattung genommen.


