Winterliche Testphase mit einem barrierefreien E-Bürgerbus.

Winterliche Testphase mit einem barrierfreien E-Bürgerbus.

Gerald Swoboda ist aktives EMC-Teammitglied für Westösterreich und die Bodenseeregion im Vierländereck und arbeitet als Klimaschutzmanager (KSM) in einer Region im Landkreis Ravensburg in Baden Württemberg. Dort ist bedarfsgerechte E-Mobilität im ländlichen Raum in allen Gemeinden ein Thema: Neben der öffentlichen Ladeinfrastruktur geht es auch um Elektrofahrzeuge für die Gemeinden, kommunale e-Nutzfahrzeuge für den Bauhof und die Hausmeister und auch um einen elektrischen Bürgerbus. Da in einer Gemeinde 2019 ein neuer Bürgerbus angeschafft werden muss, hat der KSM eine winterliche E-Bürgerbus-Testphase organisiert. Die Kosten für die Miete über 2 Monate wurden vom Kompetenzzentrum neuer ÖPNV (NVBW.de) in Stuttgart übernommen. Am 18.01.19 erfolgte die Abholung des barrierefreien E-Bus beim Maske-Mietcenter in Stuttgart.

Überstellung von Stuttgart über die schwäbische Alb an den Bodensee

Die etwa 200 km lange Überstellungsfahrt erfolgte bei winterlichen Bedingungen quer über die schwäbische Alb. Die Heizung funktioniert sehr gut, die Leistung ermöglicht auf Landstraßen ein zügiges Mitschwimmen im Verkehr, die Traktion ist auch auf Schnee bedeckter Fahrbahn gut und die Reichweite mit bis zu 180 km im Winter für den Einsatz als Bürgerbus mehr als ausreichend. Da der 56 kWh große Akku im Fahrzeugboden ist, hat der e-Bus durch den tiefen Schwerpunkt ein fast sportliches Handling. Die Fahrt über kurvige Landstraßen macht damit sogar richtig Spaß. Nach gut 110 km erfolgte während des Abendessens ein DC-Teilladestop an der EnBW-Ladesäule in Oberessendorf. Die restliche Fahrt bis zum Bodensee führte dann zum Teil auch durch das zukünftige Einsatzgebiet des Maxus EV80. Mit reichlich Reserve kam der E-Bus am Ziel an, wo er dann an der Wallbox vom Schloss Hofen voll aufladen konnte (31,7 kWh). Am nächsten Tage erfolgte dann eine Fahrt über winterliche Bergstrecken in die Energieregion Vorderwald, bei der auch die noch fehlenden Erfahrungen für die Erstellung des Manuals für die Schulung der LenkerInnen gesammelt wurden.

Vernetzung mit ÖPNV, Energieversorgern und anderen Bürgerbus-Betreibern

Die erste Einsatzwoche war dicht gedrängt mit zahlreichen Terminen mit ÖPNV-Betreibern, Energieversorgern, den erfahrenen Bürgerbus-Teams anderer Gemeinden und den Schulungsblöcken für 3 Lenker-Gruppen, jeweils mit einer theoretischen und praktischen Einweisung der LenkerInnen. Der Erfahrungsaustausch mit den anderen Bürgerbus-Betreibern zeigte, wie vielfältig und unterschiedlich die Bürgerbusprogramme der Gemeinden sind. Alle waren von den Fahrleistungen, vom Handling und der Reichweite des barrierefreien e-Bürgerbus bei winterlichen Bedingungen positiv überrascht und hatten auch sichtlich Spaß beim Fahren. Auch in Schlier muss der E-Bürgerbus gleich mehrere Rollen erfüllen: z.B. Schülerbus bzw. Kindergarten-TAXI auf dem Weg zu Schule und Kindergarten am Morgen, am Mittag bringt er die Kinder dann wieder nach Hause und direkt danach geht´s nach einem Lenkerwechsel als Thermen-Express mit den Senioren über eine etwas weitere Strecke nach Bad Saulgau. Auch diese erste längere Strecke hat der e-Bus souverän gemeistert. Die Rückfahrt erfolgte bei Schneesturm und weil der Parkplatz vor der Ladestation an der Therme frei war, war die Restreichweite am Abend bei der Ankunft in der Bürgerbus-Garage noch bei 130 km.

Reise nach Zürich zum Vernetzungstreffen von ECS und EMC mit gemeinsamem Besuch der Umweltarena in Spreitenbach.

Am Freitag war der e-Bus am Vormittag zuerst noch in der Region im Einsatz, während der Mittagspause kurz am DC-Lader und am Nachmittag dann im Rahmen der internationalen Vernetzung auf dem Weg nach Zürich zum Treffen von EMC und ECS, den E-Mobilitätsclubs von Österreich und der Schweiz. Am Samstag erfolgte eine gemeinsame Exkursion zur weltweit einzigartigen Umweltarena in Spreitenbach bei Zürich. Dort werden auf 47 Stationen alle Klimaschutz-relevanten Themen sehr gut verständlich und erlebbar vermittelt. Daher ist die Umweltarena ein ideales Ausflugsziel für eine Exkursion einer Klimaschutzregion. Der direkt vor der Arena ladende und dann parkende barrierefreie e-Bürgerbus war dort ein Highlight und es gab zahlreichen Fragen zu beantworten. Darunter auch zwei konkrete Anfragen betreff einer längeren Anmietung.

Fahrzeugübersicht und Förderung

Für einen Elektro-Kleinbus gibt es in A bis zu € 20.000.- Förderung und auch in den Gemeinden im ländlichen Raum Baden Württembergs ist das Interesse groß, wobei die Anforderungen dort sehr unterschiedlich sind. Daher arbeitet Gerald Swoboda an der Erstellung einer aktuellen Marktübersicht für Elektrofahrzeuge, die sich für den Einsatz als e-Bürgerbus, Bürgermobil, Rufbus, Sammeltaxi oder auch als autonomen e-Bus eignen und bittet dafür um entsprechende Unterstützung und Informationen.

Ein paar technische Daten:

Das AC-Laden erfolgt beim Maxus über den vorderen Typ2-Anschluß, beim AC-Laden ist er somit ein Nasenlader. Der Maxus EV80 kann wie der e-Golf zweiphasig mit 16A laden. Beim Laden bzw. beim Parken an der Ladesäule ist zu beachten, dass der e-Bus deutlich länger als ein PKW ist.
Der CCS-Anschluss ist wie bei Ampera-e, Audi und Porsche seitlich, allerdings auf der Beifahrerseite und relativ weit hinten zwischen Beifahrertüre und Schiebetüre positioniert. Das muss man beim Laden berücksichtigen und falls das Ladekabel der Schnellladesäule zu kurz ist, muss das durch eine entsprechend kreative und seltsame Parkposition kompensiert werden. Wenn Elektrofahrzeuge manchmal scheinbar untalentiert vor Ladesäulen parken, liegt das eventuell am Abstand zwischen der Ladesäule und der Ladebuchse vom Fahrzeug. Nach erfolgreichem Start des Ladevorgangs ist die CCS-Ladeleistung bei maximal 30 kW, das aber unabhängig vom SoC und dank Akkuheizung auch bei Kälte. Die mittlere Ladeleistung über den gesamten Ladevorgang liegt daher sehr dicht an den 30 KW. Direkt neben der Akkustandsanzeige ist die Leistungsanzeige, deren Skala von vielversprechenden 150 kW Antriebsleistung bis -150 kW Rekuperationsleistung reicht. Das entspricht dem KONA EV. Die Längsdynamik ist natürlich nicht vergleichbar, denn die Dauerleistung ist mit 60 kW deutlich geringer und beim voll besetzten e-Bürgerbus müssen 3,5 Tonnen bewegt oder verzögert werden. Die Rekuperation könnte stärker sein und ein zusätzliches sanftes Bremsen hat keine Auswirkung auf die grünen Balken der Rekuperationsanzeige.

Telematik

Um belegen zu können, welche Vorteile und Auswirkungen der Umstieg auf die E-Mobilität hat, braucht es eine entsprechende Datenerfassung und -Auswertung: eine Telematik-Box am CAN-Bus, wie sie auch in manchen CarSharing-Fahrzeugen eingebaut ist, die allerdings mehr kann und weniger kostet:
Ein automatisches Fahrtenbuch, in dem die abrechnungsrelevanten Daten jeder Fahrt auch noch um den Energieverbrauch ergänzt werden. Um Verbrauchsdaten besser interpretieren und vergleichen zu können, sollten (Außen und Akku-) Temperatur, Strecke, Geschwindigkeits- und Höhenprofil aufgezeichnet werden können. Das ist z.B. auch interessant beim direkten Vergleich von BEVs und Wasserstoff-Fahrzeugen auf alpinen Streckenprofilen.

Ein Energiemonitoring, das die Energieverbrauchsdaten erfasst und wie ein Zähler die monatlichen Daten (km und die dafür verbrauchte kWh) liefern kann, damit z.B. auch die Integration ins Energie-Monitoringsystem eines Gebäudes möglich ist. Die Erfassung der Ladvorgänge dient auch der Sicherheit (ist der e-Bus auch tatsächlich am Laden und bereit für die nachfolgende Nutzung?), um rechtzeitig reagieren zu können, falls das Laden mal nicht funktioniert und es ermöglicht auch die Visualisierung der DC-Ladekurven (Ladeverhalten abhängig von SoC und Temperatur?) oder auch die Überprüfung von Lastmanagement-Maßnahmen. Dabei ist zu beachten, dass Ladevorgänge in Zukunft auch bidirektional sein können. Das ermöglicht dann die volle Integration der Elektromobilität in das Energiemanagement und -Monitoring von Betrieben und innovativen Wohnquartieren mit integriertem Energie- und Mobilitätskonzept.

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