Ein E-Auto, das Blicke auf sich zieht – aber kann der Seal auch im Alltag überzeugen?
Wir hatten die Möglichkeit, den BYD Seal zwei Wochen lang inklusive neuesten Updates ausgiebig zu testen und ihn auf seine Alltagstauglichkeit, Fahrverhalten und technische Ausstattung zu überprüfen. BYD, ein chinesischer Automobilhersteller, der besonders im Bereich der Elektromobilität in China eine große Rolle spielt, liefert mit dem Seal ein Fahrzeug, das optisch sofort ins Auge sticht und mit einer Fülle an Funktionen ausgestattet ist. Doch wie schlägt er sich auf der Straße und im Alltag? Hier sind unsere Eindrücke.
1. Außen- und Innenraumdesign
Der BYD Seal beeindruckt auf den ersten Blick durch sein sportlich-aerodynamisches Design. Die klaren Linien und die niedrige Frontpartie ziehen je Menge Blicke auf sich. Mit einer Breite von 1,86 Metern und einer Länge von 4,8 Metern hat er durchaus beachtliche Maße, die sich jedoch im Alltag als handhabbar erweisen. Trotz seiner Größe fällt er aufgrund seiner gefühlt hohen Wendigkeit weder im städtischen Verkehr noch beim Einparken negativ auf.
Der Innenraum überzeugt ebenfalls durch hochwertige Materialien und eine ansprechende Verarbeitung. Unterschiedliche Materialkombinationen schaffen ein luxuriöses Ambiente, das man in dieser Preisklasse nicht unbedingt erwartet. Besonders die Sitze in der ersten und zweiten Reihe bieten viel Komfort, sodass auch längere Fahrten angenehm bleiben. Ein besonderes Highlight ist das Panoramadach, das auch die hintere Sitzreihe großzügig mit Tageslicht versorgt. Allerdings kann es bei bewölktem Wetter durch das abgedunkelte Glas etwas düster im Fond werden.
2. Kofferraum und Stauraum
Das Kofferraumvolumen liegt laut Hersteller bei 400 Litern. In der Praxis zeigt sich aber, dass die tiefgezogene Heckklappe die Nutzung in der Höhe etwas einschränkt. Handgepäckkoffer passen nur sehr knapp hochkant hinein, größere Gepäckstücke könnten hier Schwierigkeiten bereiten. Die umklappbaren Rücksitze (60/40-Aufteilung) ermöglichen das Durchladen von längeren Gegenständen, jedoch ist aufgrund einer Stufe keine ebene Ladefläche möglich.
Im vorderen Kofferraum, dem sogenannten „Frunk“, gibt es weiteren Stauraum, der mittel bis großzügig ausfällt und genug Platz für das Ladekabel sowie kleinere Utensilien bietet. Öffnen lässt sich der Frunk nur über einen Hebel unter dem Lenkrad, was im Alltag nicht besonders praktisch ist.
3. Alltagstauglichkeit und Fahrkomfort
Im Alltag zeigt sich der BYD Seal als vielseitiger Begleiter. Die Ablagemöglichkeiten im Innenraum sind großzügig: Eine praktische Handyablage mit integrierter drahtloser Lademöglichkeit, Seitentaschen, ein Handschuhfach und Staufächer an den Rücklehnen der Vordersitze sorgen für genug Stauraum im Fahrzeug. Leider passen in die Türfächer keine 1-Liter-Flaschen, was für längere Fahrten unpraktisch sein kann.
Praktisch auf längeren Fahrten ist hingegen die serienmäßige Sitzkühlung und -heizung, die zuverlässig je nach Bedürfnis ein angenehmes Sitzgefühl herstellt. Die Sitzreihe im Fond bietet selbst größeren Passagieren ausreichend Bein- und Kopffreiheit, der mittlere Sitz ist jedoch eher für Notfälle ausgelegt. Die fehlende Klimazone für die hinteren Passagiere könnte bei sommerlichen Temperaturen ebenfalls als Nachteil empfunden werden, während die bequeme Mittelarmlehne und die Becherhalter definitiv den Komfort erhöhen. Sowohl vorne als auch hinten ist der Sitzkomfort nicht zuletzt aufgrund vielfältiger Einstellungsmöglichkeiten jedenfalls auf einem hohen Niveau.
4. Fahrverhalten und Leistung
Das Fahrgefühl im ist klar auf Sportlichkeit ausgelegt. Das Fahrwerk ist eher straff abgestimmt und kommt besonders bei höheren Geschwindigkeiten positiv zur Geltung. Bei niedrigen Geschwindigkeiten hingegen sind Bodenwellen und Schlaglöcher deutlich spürbar, was den Komfort auf unebenen Straßen mindert. Besonders bei rauen Fahrbahnoberflächen fällt zudem auf, dass Vibrationen ins Lenkrad übertragen werden, was nach einiger Zeit den Fahrkomfort erheblich beeinträchtigen kann. Die direkte und präzise Lenkung sorgt aber insgesamt für ein sicheres Fahrgefühl.
Passend dazu entfaltet sich die Leistung des BYD Seal direkt und ohne Verzögerung. Auch im Normalmodus zeigt der Seal eine sportliche Gangart, während der Sportmodus noch mehr Dynamik ins Spiel bringt. In puncto Geräuschdämmung schneidet der Seal gut ab: Selbst bei höheren Geschwindigkeiten bleibt der Innenraum angenehm leise.
5. Infotainment und Bedienung
Das Infotainmentsystem des BYD Seal basiert auf einem Android-System, was die Bedienung sehr intuitiv und schnell macht. Ähnlich wie bei einem Smartphone lassen sich die meisten Funktionen über eine individualisierbare Notificationbar steuern, was im Alltag äußerst praktisch ist. Die Integration von Android Auto und Apple CarPlay funktioniert drahtlos und ohne Verzögerungen, jedoch könnte der Wechsel zwischen diesen und der Fahrzeugsoftware, vor allem bei der Klimabedienung, etwas flüssiger gestaltet sein. Besonders, da die Lüftung, wie auch die Rekuperationsstufen, nur über das Display eingestellt werden kann und damit vom Fahrgeschehen ablenkt.
Ein besonderes Lob verdient die Navigation, die durch das neueste Update nun auch Ladestopps automatisch einplant. Dies erhöht den Komfort vor allem bei längeren Fahrten erheblich. Ladestationen werden mitsamt Ladedauer, Ladegeschwindigkeit und aktuellem Ladestatus angezeigt. Das System berücksichtigt zusätzlich auch verschiedene Kartenanbieter, sowohl in der Nähe als auch bei der Routenplanung, was eine flexible Ladeplanung ermöglicht. Zudem können Ladestand an der Ladesäule und am Ziel individuell eingestellt werden.
Kleinere Schwächen sind einzelne Übersetzungsfehler sowie die fehlende Ladeplanung bei Routenplanung per Sprachbefehl. Der Sprachassistent kommt zudem schnell an seine Grenzen, setzt aber Befehle, sofern bekannt, präzise um.
6. Ladevorgang und Reichweite
Die Ladeleistung des BYD Seal hat sich durch das Software-Update stark verbessert. An Schnellladestationen erreicht er nun Spitzenwerte von bis zu 150 kW, was die Ladezeiten spürbar verkürzt. Von 10 auf 80 % lässt sich der Akku in rund 37 Minuten aufladen. Bei kühleren Außentemperaturen sind sogar 30 Minuten möglich. AC lässt sich der Seal mit maximal 11 kW laden, was insbesondere bei öffentlichen Ladepunkten mit einer Dauer von rund 7 Stunden hinderlich sein kann.
Der Verbrauch lag innerorts bei herbstlichem Wetter zwischen 16 und 17 kWh pro 100 Kilometer, auf der Landstraße und Autobahn variierte der Verbrauch zwischen 18,5 und 22 kWh, abhängig von Wetter und Fahrweise. Mit einer realen Reichweite von knapp 400 Kilometern bei sparsamer Fahrweise lässt sich der BYD Seal somit auch für längere Strecken gut nutzen.
7. Fahrerassistenzsysteme: Noch Luft nach oben
In einfachen Situationen, z.B. klarer Spurführung oder im Stau, funktioniert der Autopilot zuverlässig und hält das Auto sicher in der Spur. Sobald jedoch komplexere Verkehrssituationen auftreten, wie unklare Fahrbahnmarkierungen oder schlecht geparkte Autos am Straßenrand, reagiert das System etwas nervös und abrupt. Besonders bei Regen oder in Kurven schaltet der Autopilot häufig unvermittelt ab, was den Fahrer schnell überraschen kann. Die Spurhalteführung ist zudem nur bis 120 km/h aktiv.
Der adaptive Tempomat (ACC) hingegen funktioniert auch darüber hinaus einwandfrei und regelt Geschwindigkeit und Abstand zuverlässig. Nur bei Überholvorgängen reagiert er etwas träge und könnte schneller auf die eingestellte Geschwindigkeit beschleunigen.
Fazit
Alles in allem ist der BYD Seal ein gelungenes E-Auto, das vor allem durch sein sportliches Design, die gute Ausstattung und eine solide Reichweite überzeugt. Im Alltag punktet er mit zahlreichen praktischen Funktionen und einem hohen Fahrkomfort, auch wenn das straffe Fahrwerk auf schlechten Straßen noch weicher abgestimmt werden könnte. Die Ladeleistung wurde durch Software-Updates deutlich verbessert und die Navigation mit automatischer Ladeplanung macht längere Fahrten angenehm und unkompliziert.
Kleinere Schwächen wie das Verhalten des Autopiloten in komplexen Situationen, Vibrationen im Lenkrad und die vergleichsweise kleine Kofferraumöffnung trüben den Gesamteindruck etwas, machen den BYD Seal aber nicht weniger interessant für all jene, die ein sportliches, modernes und gut ausgestattetes Elektroauto für einen angemessenen Preis suchen.
Preis | 45 980€ (Excellence AWD) |
Leistung | 390 kW |
max. Drehmoment | 670 Nm |
Beschleunigung | 3,8 s |
Höchstgeschwindigkeit | 180 km/h |
Leergewicht | 2185kg |
Ladevolumen | 400 +53 L |
Batteriekapazität | 82 kWh (netto) |
Ladegeschwindigkeit (AC/DC) | max. 11 kW/max. 150 kW |
Reichweite | 520 (WLTP) |
Abmessungen | 1460 mm (H), 1875 mm (B ohne Spiegel), 4800 mm (Länge) |
Redaktioneller Hinweis: Das Testauto wurde von BYD für einen Zeitraum von 3 Wochen für einen Praxistest zur Verfügung gestellt. Es wurde kein Einfluss auf unsere Berichterstattung genommen.