Test des VW ID.4

Unser Testfahrzeug war ein Vorserienmodell des ID.4 1st Max. Es handelte sich also um die Vollausstattung mit allen technischen Optionen. Einschränkungen gegenüber den später verfügbaren Serienmodellen gab es in einigen Einzelheiten in der SW. Porsche Austria hat dem EMC den VW ID.4 für einen ausführlichen Test zur Verfügung gestellt.

Das erste vollelektrische SUV von VW ist der große Bruder des ID.3 und basiert auf dem selben MEB Baukasten. Die Ähnlichkeit ist sowohl außen wie auch innen deutlich zu sehen. Auch der ID.4 hat ein direkt an der Lenksäule montiertes Display für den Tacho, die Assistenzsysteme und den nächsten Abzweigepunkt des Navi. Rechts daneben ist der bereits bekannte Drehschalter für die Fahrstufen. Das Multimedia-Display in der Mitte gibt es in zwei Größen, entweder mit 10 oder mit 12 Zoll Diagonale. Auch außen, an der „Schnauze“ erkennt man das E-SUV eindeutig als Mitglied der VW ID. Familie.

Mehr Platz, hochwertigeres Interieur
Nach unserem Test des ID.3 (www.emcaustria.at/2020/09/24/emc-probefahrt-des-vw-id-3) war uns die Bedienung des ID.4 natürlich bereits geläufig. Trotzdem gibt es wesentliche Unterschiede zwischen den beiden Fahrzeugen. Hinter dem Steuer fällt gleich die SUV-typische erhöhte Sitzposition auf. Aber auch in der zweiten Sitzreihe ist der zusätzliche Platz sehr deutlich zu sehen. Es gibt wesentlich mehr Kniefreiheit. Während beim ID.3 die Modelle mit dem größten Akku nur als Viersitzer zugelassen sind gibt es diese Beschränkung beim ID.4 nicht – alle Modelle können auf der Rücksitzbank 3 Passagiere befördern.

Das Interieur ist hochwertiger ausgestattet, es gibt mehr ausgeschäumte, weiche Flächen und weniger Hartplastik. Der Platz im Kofferraum ist erwartungsgemäß deutlich größer: er hat ein Fassungsvermögen von 543 Liter, der bei umgeklappten Rücksitzen auf 1.575 Liter erweitert werden kann. Ein doppelter Kofferraumboden ermöglicht die Auswahl zwischen einer flachen Ladefläche oder einer Stufe und dem maximalen Laderaum. Wie beim ID.3 findet sich auch im ID.4 kein Frunk unter der „Kühlerhaube“ obwohl nach unserem Empfinden genügend Platz vorhanden wäre um beispielsweise ein Typ 2 Kabel unterzubringen.

Anhängerkupplung
Im Kofferraum befindet sich auch die elektrische Entriegelung für die Anhängerkupplung. Auf Knopfdruck klappt die Anhängerkupplung heraus und kann bis zu 1.000 kg befördern. Ebenso kann die Anhängerkupplung auf Knopfdruck wieder entriegelt werden damit man sie per Kick mit dem Fuß in die versteckte Ruheposition befördern kann.

Gut gedämmt, super Fahrwerk
Das ID.4 Fahrwerk bügelte unbemerkt alle Straßenunebenheiten weg. Während unserer ausgiebigen Tests in Wien, auf der Autobahn und in ländlichen Gegenden im Burgenland können wir kein Rumpeln oder unangenehme Stöße bemerken. Auch die Geräuschdämmung hat uns sehr gut gefallen. Selbst bei Tempo 130 auf der Autobahn waren Gespräche möglich, ohne laut sprechen zu müssen, Windgeräusche waren minimal und trotz Winterreifen waren keine störenden Abrollgeräusche zu hören.

Der ID.4 wird übrigens mit Mischbereifung ausgestattet. Die hinteren Reifen sind breiter als die vorderen. Auf unserem Testwagen fanden wir vorne die Reifendimension 235/50 R20 und hinten 255/45 R20. Auch bei den 19 Zoll und 21 Zoll Felgen sind die Reifen vorne 235 mm und hinten 255 mm breit. Wie schon beim kleinen Bruder finden sich auch hier hinten Trommel- und vorne Scheibenbremsen. Durch den Hinterradantrieb ist ein höherer Lenkeinschlag möglich und der ID.4 ist überraschend wendig – der Wendekreis beträgt nur 10,2 m.

Sehr gute Spracherkennung
Mit der Spracherkennung „Hallo ID.“ kamen wir gut zurande. Die meisten Befehle wurden problemlos erkannt. Klappte einmal etwas nicht, bekamen wir nützliche Hinweise für Formulierungen, die erkannt werden können. Interessant ist dabei, dass die Spracherkennung Fahrer und Beifahrer unterscheiden kann. Wenn also der Beifahrer sagt „Mir ist kalt!“, dann wird die Temperatur nur auf der Beifahrerseite erhöht.

Software: weiter entwickelt aber noch nicht fertig
Gegenüber unserem ID.3 Test hat sich die Software bereits deutlich weiter entwickelt. Unser Testwagen hatte bereits die Unterstützung für das Head-Up Display (HUD) mit Augmented Reality eingebaut. Trotz dieses höheren Reifegrades der Software fanden wir noch immer einige Menüpunkte (insbesondere in der Fahrzeug-Information), bei denen ein Wechsel nur stockend von sich ging und die SW manchmal so langsam war, dass sie zu hängen schien. Bis zur Auslieferung im März sollen diese Probleme allerdings behoben sein.

Die reale Welt wird digital ergänzt (Augmented Reality)
Es gibt zwei verschiedene Ebenen der klaren und hellen HUD-Anzeige. Im unteren Bereich sieht man die aktuelle Geschwindigkeit, den Status der Assistenzsysteme und den nächsten Navigationspunkt. Im oberen Teil, der weiter entfernt scheint, werden die Augmented Reality Hinweise angezeigt: direkt in das reale Bild, das der Fahrer sieht, werden Zusatzinformationen eingeblendet, die die Realität digital ergänzen. Bei Abbiegepunkten werden beispielsweise drei Pfeile direkt dort auf die Straße eingeblendet, wo man abbiegen soll. Diese Pfeile werden größer, je näher man an die Abzweigung kommt. Auch vor einem Navigationspunkt erscheint „direkt auf der Straße“ ein Pfeil, der darauf hinweist, dass sich bald etwas ändert (z.B. bei Annäherung an einen Kreisverkehr). Darüber hinaus zeigt die Augmented Reality auch an, wenn der Lenkassistent Spuren erkannt hat und der adaptive Tempomat zeigt mit einer grünen Linie an, wo ein vorausfahrendes Fahrzeug per Radar erkannt wurde. Man sieht diesen grünen waagrechten Strich unmittelbar hinter dem entsprechenden Fahrzeug.

Eine interessante Erfahrung machten wir mit dem ID. Light: bei unserem ID.3 Test, bei dem das HUD noch nicht aktiv war, haben wir das ID. Light deutlich wahrgenommen. Aber dadurch, dass wir im ID.4 hauptsächlich auf das HUD geschaut haben, „entschlüpfte“ uns das ID. Light aus der Wahrnehmung. Während der Beifahrer z.B. die Lichtsignale zum Abbiegen jedes Mal deutlich gesehen hatte, musste sich der Fahrer erst proaktiv darauf konzentrieren, um sie auch zu sehen.

Navigation: mit Zwischenzielen aber ohne automatische Ladeplanung
Das Navigationssystem hat in unserem Test grundsätzlich gut funktioniert. Insbesondere die Eingabe von Zwischenzielen ist einfach (auch per Spracherkennung) möglich. Irritiert hat uns allerdings, dass wir Ionity Ladepunkte nicht direkt als Ziel eingeben konnten. Erst nach Eingabe eines Zielorts war die Suche nach Ionity Ladepunkten möglich. Das funktioniert dann auch gut: alle Ionity Ladepunkte entlang der Strecke werden dann angezeigt. Und wenn ein Ladepunkt einmal als Zwischenziel erfasst wurde, dann kann dieser Punkt auch bei einer neuen Routenplanung direkt als Zielort verwendet werden.

Eine Strecke über die Reichweite des aktuellen Akkustands hinaus wird ohne Fehlermeldung geplant, allerdings leider ohne auch automatisch die Zwischenladungen einzuplanen. Es erscheint nur ein rotes Akku-Symbol, das darauf hinweist, dass das Ziel ohne Ladestopp nicht erreicht werden kann. Die Planung der Ladestopps muss dann allerdings separat erfolgen. Übrigens sind die Kartendaten nicht überall korrekt: auf einem Teilabschnitt der Südosttangente in Wien wurde ein Geschwindigkeitslimit von 130 (statt korrekt 80) angezeigt. Gut gefallen hat uns, dass alle dem Navi bekannten Ladepunkte auf der Karte mit der jeweiligen Ladeleistung angezeigt werden. So kann man auch ohne aktive Route leicht passende Ladepunkte in der näheren Umgebung finden.

Verbrauch und Ladeleistung
Bei Außentemperaturen zwischen 3° und 5° lag unser Verbrauch im Mix Stadt/Land bei 19,7 kWh / 100 km. Auf der Autobahn (mit 130 km/h Höchstgeschwindigkeit wo es möglich war) betrug der Verbrauch im Durchschnitt 24,5 kWh / 100 km, auf durchgehenden 130er Streckenabschnitten stieg der Verbrauch auf 27 – 29 kWh / 100 km an. In Summe sollten also auch bei winterlichen Temperaturen 280 bis 300 Autobahnkilometer möglich sein und im Sommer entsprechend mehr.

Unser Test der Ladeleistung an einem 350 kW Ionity Charger (Göttlesbrunn) resultierte in einem enttäuschendem Schnitt von ca. 49 kW. Der Akkustand lag beim Start der Ladung bei 47%. Es war zwar kalt (ca. 3°) aber das Auto war davor flott bewegt worden, die letzten Kilometer bei 130 km/h auf der Autobahn. Trotz Angabe der Ionity Ladepunkte als Navigationsziel wurde offenbar der Akku nicht vortemperiert. Innerhalb von 20 Minuten stieg der Ladestand auf lediglich 67%. Die in den 20 Minuten nachgeladenen 16,3 kWh entsprechen einer durchschnittlichen Ladeleistung von 48,9 kW. Grundsätzlich unterstützen die Serienmodelle (je nach Ausstattung) bis zu 125 kW DC Ladeleistung. Bei niedrigem Akkustand und warmem Akku sollten diese Ladeleistungen erreichbar sein. Die AC Ladeleistung ist bei den Einstiegsmodellen zweiphasig mit bis zu 7,4 kW und bei den höher ausgestatteten Modellen dreiphasig mit bis zu 11 kW.

Verfügbarkeit und Preise
Der Vorverkauf des vollelektrischen Kompakt-SUV in der 1st Edition startete im November 2020, die ersten Lieferungen sind für Mitte März 2021 geplant. Aktuell können in Österreich seit 15. Jänner 2021 die Serienmodelle Pro Performance bestellt werden (mit geplanten Auslieferungen ab Mai). Alle bisher bestellbaren Modelle haben den großen Akku mit einer Kapazität von 77 kWh netto (WLTP Reichweite > 500 km) und Hinterradantrieb. Die Preise starten aktuell bei 43.970 Euro.

Ab Mitte März können auch Modelle mit dem kleineren Akku mit 52 kWh Netto-Kapazität bestellt werden. Der Einstiegspreis für diese Modelle steht noch nicht fest, wird jedoch voraussichtlich unter 40.000 Euro liegen. Ab April wird zusätzlich der ID.4 GTX mit Allradantrieb und 77 kWh Akku angeboten.

Test des VW ID.4 | ID.4 Modelluebersicht

Zusammenfassung
In Summe hat uns der ID.4 sehr gut gefallen, wer ein geräumiges vollelektrisches SUV sucht, sollte sich definitiv den VW ID.4 ansehen. www.volkswagen.at/id4

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