Ein Delphin für die Straße – BYD Dolphin

Das chinesische Unternehmen “Build your Dreams” baut schon seit dem Jahr 2003 Autos. In Österreich gibt es die Marke noch nicht so lange. Wir durften allerdings schon im März 2023 den BYD Atto3 testen. Heute ist der BYD Dolphin an der Reihe. Der kleine Delphin greift das Fahrzeugsegment von VW ID.3, Cupra Born und MG4 an. Wie gut ihm das gelingt, habe ich in den letzten Tagen herausfinden dürfen.

Optisch ist der Dolphin eher unauffällig gehalten. Er erinnert ein kleines bisschen an die A-Klasse, nur niedriger. Die Linienführung der Karosserie wirkt allerdings viel frischer und gibt dem Dolphin dezente Eigenständigkeit. Die Front soll ein lachendes Delphingesicht abbilden, was meiner Meinung nach durchaus gelungen ist.

Design, Spaltmaße und Karosserie zeigen, dass BYD Ahnung hat, wie  man Autos baut.

Dieser Eindruck setzt sich auch bei der Verarbeitung des Innenraumes fort. Stellen wo man öfter in Kontakt mit dem Fahrzeug kommt sind angenehm unterschäumt, an anderen Stellen trifft man auf Hartplastik, wie zum Beispiel am Armaturenbrett und an der Oberkante der Türen. Die gewählten Materialien und deren Positionierung entsprechen dem Preissegment, also durchaus gut gemacht.

Es gibt den BYD Dolphin in drei Ausstattungsvarianten von “Active” bis “Design”. Grundsätzlich ist der Dolphin überdurchschnittlich ausgestattet, außer in der billigsten Variante “Active”, mit dem kleinen 44,9 kWh Akku, dafür gibt es dieses Modell schon ab € 25.980,- nach Abzug aller Förderungen!

Technische Daten

Mit 4,29 m Länge, 2 m Breite über die Spiegel und einer Höhe von 1,57m ist der Dolphin in der Kompaktwagen Klasse angesiedelt. Der Frontantrieb mit 150kW (204 PS) bringt den Dolphin in 7,3 Sek, von 0-100 km/h. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 160 km/h Der Kofferraum ist mit 345 Liter kein Raumwunder, aber ausreichend in dieser Klasse. Es gibt einen doppelten Boden im Kofferraum der eine ebene Ladekante herstellt. Dieser lässt sich auch entfernen, dann bekommt der Kofferraum seine volle Tiefe.

Alle Modelle haben serienmäßig eine Wärmepumpe und sind mit vielen Assistenzsystemen ausgestattet. Beim Top Model, welches ich zum Testen bekommen habe, gibt es ein Panoramaglasdach mit elektrischer Sonnenblende, 360 Grad Kamerasystem, elektrische Sitze, Alufelgen in Dreifarbenlackierung, abgedunkelte Scheiben und eine QI Ladeschale fürs Telefon in der Mittelkonsole. Volle Hütte also!

Genauere Daten zu den Ausstattungsvarianten findet man auf der Webseite von BYD.

Batterie & Reichweite

BYD hat fast 30 Jahre Erfahrung im Batteriedesign. Die im BYD Dolphin verbaute Blade Batterie auf Eisen-Phosphat Basis (LFP) kommt OHNE Kobalt, Cadmium und Nickel aus. Sie hat eine Lebensdauer von bis zu 5000 Ladezyklen und ist nicht brennbar. Deshalb gibt BYD auch eine Garantie von 8 Jahren oder 200.000 km auf die Batterie, das ist ein starkes Alleinstellungsmerkmal.

Je nach Modell wird der Dolphin mit 44,9 oder 60,4 kWh Batterie Kapazität angeboten. Die große Batterie schafft eine WLTP Reichweite von 427 km.

Damit ist der Dolphin durchaus auch für längere Fahrten geeignet, wenn man sich beim Laden etwas mehr Zeit nehmen kann. Am Schnellader hat er eine maximale Ladeleistung von 88kW. Damit kommt man von 10% auf 80% in ca. 40 Minuten.
In der Top Ausstattung liegt ein “Vehicle to Load” Adapter mit einer Mehrfachsteckdose serienmäßig im Kofferraum. Bei BYD gibt es zum Unterschied von Fahrzeugen aus dem VAG Konzern KEINE Einschränkungen für den V2L oder V2H Betrieb.

Erster Eindruck

Mein Testfahrzeug in der Top Ausstattung fehlt es an Nichts!

Unzählige Warner für Totwinkel, Kollision, Querverkehr, eine Wärmepumpe, Panorama Glasdach, große Batterie und vieles mehr sind in der Ausstattung “Design” inkludiert.
Gleich nach dem Einsteigen bemerke ich, dass mich das Auto gut umschließt. Das Infodisplay ist am Lenker befestigt und ich habe immer gut Sicht, unabhängig der eingestellten Lenkradhöhe.

Der 12.8 Zoll große Touchscreen des zentralen Infosystems ist, wie in nahezu allen BYD Modellen, elektrisch drehbar. Diese Funktion gefällt mir besonders beim Navigieren.

Unter dem Display gibt es eine Ablage fürs Smartphone, die allerdings keine induktive Ladefunktion hat. Ich finde das durchaus gut, denn so kann man das Handy auch mal ablegen, wenn man es nicht laden will. Die Funktion zum induktiven Laden findet sich in der Handyablage der Armlehne im Mittelteil.

Die Ablagen machen einen etwas zerklüfteten Eindruck, aber es ist an vielen Stellen Platz etwas abzulegen. Meine Trinkflasche mit 0,65L Inhalt ist zu dick für den Flaschenhalter in der Mitte und muss daher unterhalb liegend untergebracht werden, das hatte ich eher selten.

Vor dem Losfahren muss man den Startknopf am Armaturenbrett drücken, danach kann man mit einem Drehschalter in der Mittelkonsole unter dem Ablagefach die Fahrt starten. Ich hätte mir für diese wichtige Funktion eine etwas prominentere Platzierung gewünscht, denn die drehbar gelagerten Knöpfe wirken verspielt und sind Anfangs etwas gewöhnungsbedürftig. Dafür sind am Lenkrad Knöpfe und Drehregler angebracht, die einen guten Druckpunkt haben, so gefällt mir das.

Praxistest durch unseren Testfahrer Paul Belcl

Heute habe ich eine Fahrt von Schwechat nach Gars am Kamp geplant. Ich starte mit einem zu 100% geladenem Akku und sehe im Dolphin eine prognostizierte Reichweite von knapp 400 km. Wir fahren auf der Strecke zügig im Sport Modus und haben die Heizung auf 22 Grad aktiviert, Außentemperatur ist an diesem Tag um die 0 Grad. Die Strecke besteht fast nur aus Stadtautobahn, Bundesstraße und Autobahn, daher rechne ich mit einem erhöhten Verbrauch.
Gleich nach dem Losfahren fällt mir auf, dass der kleine Delphin sehr mitteilsam ist. Irgendwas piept immer!

Zum großen Teil ist das dem ISA System geschuldet, welches seit Mitte 2022 in allen Fahrzeugen eingebaut und aktiviert sein muss. Wird also ab sofort nicht nur im Dolphin umgesetzt werden, genauere Infos dazu gibt es in einem eigenen Artikel. Extrem schade finde ich, dass die hinterlegten Geschwindigkeiten im Dolphin sehr oft falsch gespeichert sind. Bei jeder Überschreitung  der hinterlegten Geschwindigkeit um nur 1 km/h gibt es mehrere Pieptöne und das ist leider oft der Fall! Zum Beispiel auf der Simmeringer Hauptstraße ist ein gesamter Abschnitt mit einer Höchstgeschwindigkeit von 5 km/h hinterlegt, wie man im Bild (rote Markierung) sehen kann.

Ich erfahre von BYD, dass hier noch ein Softwareupdate geplant ist, welches auf meinem Testwagen allerdings noch nicht installiert war. Man kann die Verkehrszeichenerkennung über ein Schnellmenü mit einem Wisch von oben nach unten am Hauptdisplay allerdings leicht abschalten und somit ist Ruhe im Auto. DAS muss man allerdings nach jedem Start einmal machen, finde ich eher lästig.

Das Fahrgefühl im Dolphin ist sehr angenehm. Das Fahrwerk bügelt viele Dinge weg und der Wagen ist trotzdem präzise zu steuern. Der Frontantrieb ist extrem kraftvoll, hat allerdings manchmal Probleme die Kraft auf die Straße zu bringen. Tritt man etwas zu fest auf das Strompedal, dann hat das ASR alle Mühe die Räder am Durchdrehen zu hindern. Hier ist etwas Gefühl angesagt um die Reifen zu schonen.

Nach einiger Zeit wird mir in den Füßen kalt obwohl ich die Heizung auf 22 Grad eingestellt habe. Auch nach Einstellung von 30 Grad, wird es im Auto nur langsam warm. Erst als ich die Heizung auf HI, stelle wird es sehr schnell warm.

An meinem Ziel angekommen, fällt mir beim Einparken die hervorragende 360 Grad Kamera auf, das kenne ich eher aus der Oberklasse. Der Blickwinkel im vorderen Nahbereich ist zwar etwas eingeschränkt, da sich die Kamera relativ weit oben in der Stoßstange befindet, aber das ist durchaus vertretbar. Im Display lässt sich das Auto anhand mehrerer Außenkameras aus jedem Blickwinken über perfekte Einstellungsmöglichkeiten betrachten. Hat man sich an die Anzeige gewöhnt, dann kann man damit präzise einparken. Das ist hervorragend gelöst!

Auf der Autobahn fällt mir die kraftvolle Beschleunigung auch bei höherer Geschwindigkeit auf. Ab 100 km/h machen sich Windgeräusche im Auto bemerkbar, die dann ab ca. 120 km/h überdurchschnittlich hörbar sind. Die angegebene Endgeschwindigkeit von 160 km/h wird nicht sehr konsequent umgesetzt, daher ist es durchaus möglich dass der kleine Delphin auf der deutschen Autobahn auch mal schneller fährt.

Bei schneller Autobahnfahrt ist die Reichweitenanzeige sehr optimistisch, wie in vielen anderen Elektroautos auch. Beim Dolphin rechnet sie aber kontinuierlich nach, sodass man immer ein gutes Gefühl für die verbleibenden Restkilometer hat.

Der adaptive Tempomat macht seine Arbeit hervorragend. Auch nach einem Stillstand an der roten Ampel, fährt er wieder von selbst los. Der Spurhalteassistent macht seinen Job leider weniger gut, denn er hat ein Problem mit zu engen Kurven. Selbst auf der zweispurigen Bundesstraße ist das System manchmal überfordert und gibt mit einem kurzen Piepton, die Kontrolle sehr plötzlich an den Fahrer ab. Lässt man ihn länger alleine fahren, besteht also im besten Fall die Gefahr einem Alkotest unterzogen zu werden.
Allerdings gibt es von BYD bereits eine Zusicherung, dass Spurhalteassistent und Heizung im nächsten Softwareupdate massiv verbessert werden. Solche Softwareupdates kommen bei BYD erfahrungsgemäß sehr rasch, wie ich bei meinem Test des ATTO3 bereits herausgefunden habe. Leider hat es diesmal nicht geklappt dieses Softwareupdate rechtzeitig zu Ende meines Tests zu bekommen. Somit steht der smarte Delphin wieder in der Garage und grinst mich an, als würde er mir “Gute Nacht” wünschen.

Sprachsteuerung

Die intelligente Sprachsteuerung funktioniert hervorragend! Die freundliche Dame, die irgendwo im Auto versteckt ist, versteht nicht nur meine angegebenen Navigationsziele überdurchschnittlich gut, sondern hat es in meinem Test sogar geschafft eine namhafte Bäckerei nach Nennung nur des Namens anzusteuern. Somit komme ich unterwegs auch mal zu den besten Krapfen von Wien…

Zusätzlich dazu kann sie auch Anweisungen verstehen, die ich nicht erwartet habe. Beispielsweise ist es möglich gezielt bestimmte Fenster oder die Sonnenschutzblende des Glasdaches zu öffnen. Dabei kann man in ganzen Sätzen sprechen, wie beispielsweise “öffne das Beifahrer Fenster” Das gefällt mir sehr gut!

Die Navigationsführung klappt zwar hervorragend, kann aber leider derzeit noch keine Ladeplanung für die Langstrecke. Die Suche nach Ladestationen in der Nähe funktioniert allerdings, somit kann man sich zumindest helfen, wenn man unterwegs mal aufladen muss. Dieses Feature wird angeblich über ein Softwareupdate nachgereicht.

Die Bedienung des zentralen Displays funktioniert schnell und sehr akkurat, das habe ich nur in wenigen Testautos so gut erlebt. Die Menüführung ist grundsätzlich gut gemacht, allerdings würde ich mir am Hauptdisplay etwas mehr Individualisierbarkeit wünschen. Die drei vorhandenen Symbole sind sehr groß und ich finde hier wäre durchaus noch Platz für Mehr.

Während meines Praxistests ist mir im Dolphin grundsätzlich eine gute Verarbeitung aufgefallen. Nur die Führung der Kofferraumabdeckung hängt sich regelmäßig beim Schließen des Kofferraums aus  und verdeckt dann die Sicht nach hinten, das geht definitiv besser! Außerdem klingt der Kofferraumdeckel für mich etwas zu blechern beim Schließen, aber das ist meckern auf hohem Niveau.

Reichweite & Laden

An meinem Testtag nach Gars am Kamp bin ich 235 km fast ausschließlich Bundesstraße und etwas Autobahn bei einer Außentemperatur von ca. 0 Grad gefahren. Die Heizung war auf 22 Grad eingestellt und ich hatte alle nötigen Verbraucher eingeschaltet.
Trotz zügiger Fahrweise auf Bundesstraße und Autobahn meist im Sportmodus kam ich auf einen Verbrauch von nur 22.8 kWh, das ist ein hervorragender Wert. Im reinen Stadtbetrieb kann ich mir durchaus einen Verbrauch so um die 15 kWh vorstellen, bei moderater Fahrweise vielleicht sogar noch weniger. Der Dolphin ist also sowohl sparsam zu betreiben, als auch kraftvoll auf der Bundesstraße oder Autobahn.

Ich komme nach diesem Tag am Schnellader in Wien mit 9% SOC an und lade den Dolphin in 45 Min auf 82% SOC. Die Ladeleistung von 88kW hält er bis zu ca. 50% SOC, danach geht die Leistung auf ca. 55 kW runter. Allerdings hält er diese Leistung dann bis auf über 80%, wie man in der Ladekurve schön sehen kann.
An der Wallbox lädt der Dolphin in der Topausstattung  3 phasig mit 11 kW. Die kleinste Ausstattung “Active” kann nur einphasig mit 7,4 kW geladen werden! Unterscheide zu den Ausstattungen findet man in der Vergleichsbroschüre des Dolphin auf der BYD Webseite

Fazit

Der Dolphin ist ein würdiger Vertreter in seinem Segment! Ein sparsamer Verbrauch und eine überdurchschnittliche Ausstattung treffen auf ein wenig spektakuläres Aussehen. Der Wagen ist gut verarbeitet und lässt in der TOP Ausstattung kaum Wünsche offen! Die Bedienung ist intuitiv und das zentrale Display reagiert präzise und schnell. Die Sprachsteuerung hebt sich durch gute Umsetzung der Anweisungen hervor. Einige kleine Macken beim Fahrspurassistenten und an der Heizung sind zum Erscheinungstermin meines Artikels wahrscheinlich bereits behoben.

BYD bewirbt den Dolphin als E-Auto zum Preis eines Verbrenners. Das kann man durchaus so stehen lassen, denn auf der Listenpreis für das günstigste Einstiegsmodell beträgt 32.980,-. Zieht man alle derzeit möglichen Förderungen für Privatpersonen ab, kommt man auf einen Startpreis von 25.980,-, wie auf der Webseite von BYD beworben. Dafür bekommt man das Modell mit der kleineren 45 kWh Batterie und einer etwas abgemagerten Ausstattung!

Ich gehe davon aus, dass BYD das Verbesserungspotential bei den Assistenzsystemen nutzt, denn hier ist noch Einiges zu tun. Speziell korrekt hinterlegten Geschwindigkeiten für die korrekte Umsetzung des ISA Systems wären dringend nötig!

Das in meinem Test gefahrene Top Modell mit dem 60,4 kWh großem Akku kostet Listenpreis 37.990,- und ist damit nicht mehr unbedingt ein Schnäppchen. Wenn man KEINEN Anspruch auf besonders schnelles Laden hat, immer noch ein durchaus interessantes Angebot für ein gut durchdachtes und bestens ausgestattetes Auto.

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