Ein Praxistest von unserem Elektroauto Tester Paul Belcl.
Eine ganze Woche durfte ich den Mustang Mach-E ER RWD mit der 99kWh Batterie testen. Danke an Ford Österreich für diese Gelegenheit!
Erster Eindruck
Der Mustang Mach-E sieht von außen sehr edel aus. Seine tatsächliche Größe wird erst beim näheren Hinsehen klar. Die erste Innovation findet man im Mach-E beim Einsteigen. Das funktioniert entweder Keyless über Drückknöpfe an den Türen oder über Zahleneingabe an einem LED Tastenfeld, welches unsichtbar in den Türrahmen integriert ist. Damit kann das Auto ohne Schlüssel in Betrieb zu nehmen. Gleich nach dem Einsteigen dominiert das zentrale Display in der Mitte des Cockpit. Es erinnert stark an die ersten Model S von Tesla. Es gibt Bedienelemente an unterschiedlichen Stellen, die hochwertig in die Linie der Innenausstattung integriert sind. Ford hat hier etwas Aufwand betrieben diese Elemente dort zu positionieren, wo sie Sinn machen, anstelle alles zu zentralisieren, wie es andere Hersteller oft machen. Das gefällt mir!
Fahrwahlhebel in der Mitte zwischen Fahrer und Beifahrer ist leicht zu erreichen und alles lässt sich Großteils intuitiv bedienen. Der Antrieb ist sehr kraftvoll und für ein Auto dieser Größe mehr als ausreichend. Die drei Fahrmodi Zahm, Aktiv, Temperamentvoll sind gut abgestimmt und machen Freude.
Technische Daten:
Der Mustang Mach-E ist schon in der Basisausstattung gut gerüstet. Beheizbare Frontscheibe, LED Licht, Regensensor, 10 Zoll Display, elektrische Sitzverstellung, QI-Ladeplatte für Smartphones, Klimaautomatik, Fernlichtassistent und vieles mehr. In der Basisausstattung hat der Wagen 68 kWh Batteriekapazität (Netto) und Heckantrieb mit 269 PS. Dafür verlangt Ford knapp über € 50.000,-. Die größere Batterie mit 88kWh (Netto), wie sie in meinen Testfahrzeug verbaut ist, kostet € 6700,- Aufpreis, dafür bekommt man allerdings schon 294 Pferdestärken. Wühlt man etwas heftiger in der Aufpreis Kiste, dann kann man einen echten Vollblut Hengst heranzüchten, der sich dann in der Vollausstattung mit Allradantrieb, großer Batterie und GT Ausstattung um knapp über € 75.000,- in den Stall stellen lässt. Ein Fahrzeug in dieser Ausstattung kostet beim Mitbewerb oft über € 100.000,-
Die Reichweite für mein Testfahrzeug ist mit 610 km (WLTP) angegeben. Die Länge ist mit 4,7 m Vergleichbar mit dem Jaguar iPace, der Audi Etron ist ca. 20cm länger. Das Gewicht beträgt ca. 2200 kg, die Höchstgeschwindigkeit ist bei 180 km/h abgeregelt.
Der Frontkofferraum hat eine tolles Feature, man kann ihn auswaschen, da er unten einen Wasserablauf hat. Der beste Platz für Alles schmutzige was man nicht im Kofferraum des Autos haben möchte. Mit ca. 100l Volumen auch perfekt für Ladekabel, oder andere Dinge, die man getrennt vom Gepäck im Zugriff haben will.
Display – Bedienung
Die Bedienung des großen Display funktioniert sehr flott. Es ist logisch aufgebaut und ich konnte alle Einstellungen intuitiv finden. Es gibt unzählige Einstellungsoptionen für viele Details, das macht viel Freude für Leute wie mich, die immer gerne jede Kleinigkeit einstellen wollen. Mit dem zentralen Drehknopf in der Mitte des Display kann Lautstärke geregelt werden, abhängig von der jeweiligen Ausgabe.
Die Helligkeit des Display ist sehr hoch und deshalb finde ich es gut, dass man es dauerhaft in den dunklen Nachtmodus stellen kann. Sieht nicht nur viel edler aus, sondern blendet auch wesentlich weniger.
Während der gesamten Bedienung läuft alles flüssig und angenehm flott. Einzig die Telefonfunktion hat noch etwas Verbesserungspotential, denn nach jedem Telefonat, das mit meinem Samsung Galaxy übers Auto geführt wird, dauert es oft mehrere Minuten, bis die Anzeige des Gesprächspartners vom Display verschwindet. In dieser Zeit gibt es KEINE Verbindung zum Telefon, daher auch keine Möglichkeit das nächste Telefonat zu führen. Ich denke allerdings, das wird sich mit einem Softwareupdate leicht lösen lassen. Die Navigation funktioniert gut, nur bei der Spracheingabe muss man sich etwas anpassen. Denn der Mustang will bestimmte Satzstellungen und davon rückt die freundliche Stimme des Mach-E auch nicht ab. Spricht man nicht richtig, gibt wird die Funktion nicht ausgeführt. Das gibt der Dame einen etwas zickigen Touch, außer man ist lernfähig.
Besonders nett finde ich die Einstellung das Motorengeräusch eines klassischen Mustang welches über die Hifi Anlage eingeblendet werden kann. Für alle die gerne einen V8 ähnlichen Sound im Elektroauto haben wollen, klingt durchaus realistisch. Ich erwische mich doch glatt öfters in den “temperamentvoll” Modus zu schalten, wo man das Geräusch am lautesten wahrnehmen kann.
Bundesstraße
Heute machen wir einen Ausflug ins Waldviertel. Die optimale Sitzposition ist schnell gefunden und die Fahrt auf der Bundesstraße ist sehr entspannt. Beim Überholen auf der Bundesstraße fällt die brachiale Beschleunigung auf. Hier kommt fast Sportwagen Feeling auf, denn der Mach-E kann das Überholmanöver in wenigen Sekunden durchführen. Von 0-100 klappt in 7 Sek, mit eingeblendetem Sound ein echtes Erlebnis für Benzinbrüder.
Als wir durch die Dörfer fahren haben wir in engen Dorfstraßen durch den Wald mehrmals blanke Eisfahrbahn. Hier sollte man unbedingt das “One Pedal Driving” abschalten, denn die Rekuperation ist manchmal so stark dass das Pferdchen gerne man die Zügel ignoriert. Nicht gefährlich, aber wichtig zu wissen. Auf diesem Untergrund ist auch das ASR manchmal etwas überfordert mit der vielen Leistung des Mach-E. Wir haben an diesem Tag viel Spaß auf unserem Ritt und das bemerkt man auch ein bisschen am Verbrauch, Dieser macht sich heute mit ca. 23 kWh auf 100 km bemerkbar. Ein guter Schnitt für ein so potentes Pferd.
Auf der Rückfahrt bemerke ich, dass die Ladeleistung nicht über 80kW geht, als ich an einem HPC Lader kurz mal etwas auftanken will. Vermutlich liegt das daran, dass der Mach-E zuvor eher langsam auf der Bundesstraße bewegt wurde und die Batterieheizung das Fahrzeug nicht schnell genug auf den Ladevorgang vorbereitet hat.
Bei der Rückfahrt wird es dann dunkel und mir fällt auch, dass die Fernlichtautomatik eher spät reagiert, wenn es darum geht wieder einzuschalten, nachdem Gegenverkehr da war. Die händische Aktivierung ist dann gewöhnungsbedürftig, denn man muss den Fernlichtschalter oft 2 x betätigen, damit es wieder hell wird. Das würde ich noch gerne Abschaltbar haben, damit ich das Licht schneller händisch regeln kann.
Langstrecke – Autobahn
Heute geht es auf die Langstrecke. Es ist 2 Grad kalt und sehr windig, die Frisur sitzt, der Akku meines Mustang ist zu 100% voll. Nachdem ich in der Firma einige Computer abgeholt habe, fahre ich die ca. 320 km auf der A1 nach Salzburg.
Ich teste immer an der erlaubten Höchstgeschwindigkeit und somit stelle ich den Tempomat so ein dass ich 130 km/h schnell bin.
Der Mach-E fährt die meiste Zeit nahezu selbst, damit komme ich bei der Hinfahrt auf einen Verbrauch von ca. 32 kWh auf 100 km.
Der starke Gegenwind macht sich beim elektrischen Fahren natürlich stärker bemerkbar, als beim Verbrenner, weil man nicht so viel Energie dabei hat. Natürlich kann man sich auch hinter einem LKW im Windschatten dranhängen, um Energie zu sparen, aber wer will das schon. Da ich zu feig bin, den Mustang bis Salzburg leer zu fahren, gibt es einen kurzen Zwischenstopp in St. Valentin beim Ionity Lader. Dort gönnt sich mein Pferdchen mit 150 kWh Ladeleistung für 20 min eine Auszeit, während ich mal für kleine Reiter austrete.
Danach geht es weiter nach Salzburg. Auf der Rückfahrt habe ich keinen Gegenwind mehr, damit gelingt es mir einen Großteil der Strecke wieder mit der maximal erlaubten Höchstgeschwindigkeit mit unter 30 kWh zurückzulegen. Ein guter Wert für ein SUV, dieser Größe und Autobahngeschwindigkeit. Ohne Gegenwind kann man mit dieser Fahrweise im Sommer durchaus ohne Probleme bis nach Salzburg auf der Autobahn durchfahren.
Pro/ Contra
Der Verbrauch des Mach-E ist meiner Meinung nach angemessen, denn das Auto gibt auf Wunsch sehr spontan viel Leistung ab. Das macht viel Freude und verleiht dem Mustang ein agiles Fahrverhalten. Man hat niemals das Gefühl untermotorisieret zu sein.
Während meiner gesamten Testfahrt fällt mir auf, dass der Mustang die Restreichweite sehr “optimiert” darstellt. Auf der Autobahn muss man zwischen 100-110 km/h fahren, damit die Anzeige stimmt. Fährt man schneller, dann verliert man bis zu 1/3 mehr Reichweite, als Kilometer gefahren werden. Mir wurde geraten die Reichweitenanzeige zurückzusetzen, das hat allerdings nur kurzfristig geholfen. Da ich das Auto nur knapp eine Woche hatte, konnte ich nicht ausprobieren, ob es hier einen „Lerneffekt” gibt, was durchaus möglich wäre. Während meines Tests hatte es meist zwischen 0 und 5 Grad Außentemperatur. Ich vermute, dass dieses Verhalten bei wärmeren Temperaturen weniger auffällt.
Jedenfalls gibt es eine sehr gute Verbrauchsübersicht mit der ein guter Überblick möglich ist. Sitzt man lange bei Kälte im stehenden Auto herum und spielt sich mit den Einstellungen, dann sieht das so aus, wie in der Verbrauchsgrafik. Die Rückfahrkamera des Mach-E hat KEINE Waschfunktion, das finde ich sehr schade. Diese Funktion gibt es auch nicht gegen Aufpreis.
Fazit
Der Mustang Mach-E ist ein sehr elegantes Elektroauto zu einem guten Preis. Es gibt eine sehr große Batterie in einem technisch ausgereiften Auto mit vielen Einstellungsmöglichkeiten. Die Verarbeitung ist grundsätzlich sehr gut, man sieht allerdings an kleinen Punkten, dass es ein amerikanisches Auto ist, welches merklich weniger kostet, als ein vergleichbares Fahrzeug aus dem europäischen Mitbewerb.
Dafür gibt es viele innovative Gadgets, wie die den riesigen Bildschirm oder die Türverriegelung, die dem Mustang Mach-E ein gewisses Alleinstellungsmerkmal verleihen. Mir persönlich ist er etwas zu groß, aber wenn man auf der Suche nach einem preiswerten SUV mit viel Leistung und Platz ist, sollte man sich den Mach-E jedenfalls genauer ansehen und natürlich auch mal ausgiebig Probefahren. Mir hat die Woche mit dem lebhaften Pferd jedenfalls gut gefallen, falls ihr weitere Infos braucht, bitte wendet euch an Ford Österreich