Porsche Austria hat den EMC zu den ID.3 Pressefahrtagen eingeladen. Ein ganzer Parkplatz voll mit ID.3s wartete am 23.9.2020 beim Marina Restaurant in Wien auf die interessierten Journalisten. Nach einer ausgiebigen Einschulung in das Fahrzeug, konnten wir den ID.3 ausgiebig zwei Stunden lang probefahren.
Ausstattungsunterschiede zwischen Deutschland und Österreich
Es lohnt sich, bei der Konfiguration des ID.3 die österreichische Ausstattung im Detail anzusehen. Es gibt kleine Unterschiede. In Österreich ist beispielsweise beim ID.3 sowohl ein Ladekabel für Typ 2 Ladesäulen als auch für die Schukosteckdose in der Serienausstattung enthalten. Letzteres ist in Deutschland eine aufpreispflichtige Option um € 230.
Das Wetter ist uns hold – wir konnten auch den Regensensor testen
Schon auf den ersten Metern fühlen wir uns wohl im Fahrzeug. Die Anzeige vor dem Lenkrad gibt keine Rätsel auf. Die aktuelle Geschwindigkeit wird in großen Ziffern angezeigt, darunter ist der Akkustand sowohl als Symbol als auch als Restreichweite in km zu sehen. Eine Leiste zeigt Energieverbrauch und Rekuperations-Niveau an. Auch die vom Fahrzeug erkannte Höchstgeschwindigkeit wird angezeigt (auf Basis von Navidaten bzw. der Schildererkennung). Links daneben findet man die Details zum Abstandstempomat und auf der rechten Seite werden bei aktiver Navigation Hinweise zum nächsten Navigationspunkt angezeigt. Natürlich ist es außerdem möglich, die Anzeige individuell anzupassen. Auch das große Display in der Mitte ist leicht zu bedienen und zu verstehen. Das Navi-Display hat uns gut gefallen, wahlweise kann es entweder den gesamten Bildschirm ausfüllen oder man kann im rechten Drittel des Bildschirms weitere Infos einblenden (z.B. den aktuellen Radiosender, Schnellzugriff auf Fahrzeug-Infos und Telefon).
Das extrem wechselhafte Wetter erlaubte uns, das Fahrzeug in einer Bandbreite von trockener Fahrbahn bis zum Platzregen zu testen. Der Regensensor erledigt dabei seine Aufgabe sehr gut, er kommt sowohl mit ein paar Tropfen als auch mit einem heftigen Regenguss gut zurecht. Die gegenläufig arbeitenden Scheibenwischer schauen optisch vergleichsweise dünn aus, haben aber auch mit großen Wassermengen kein Problem. Auch der Intervallwischer auf der Heckscheibe bietet keinen Anlass zu Beschwerden.
Vorausschauender adaptiver Tempomat – nahezu perfekt
Im Nachmittagsverkehr in Wien konnten wir den adaptiven Tempomat (ACC) des VW ID.3 ausgiebig testen. Sowohl im Stau als auch im fließenden Verkehr funktioniert der ACC gut. Die Schalter auf der linken Seite des Lenkrads bieten alle dazu nötigen Einstellmöglichkeiten.
Begeistert hat uns, dass der VW ID.3 vorausschauend bremst: wenn man beispielsweise aus einer 70er Zone in eine 50er Zone fährt, dann wird rechtzeitig vorher gebremst, so dass man exakt beim 50er-Schild die vorgeschriebene Geschwindigkeit erreicht hat. Auch für Kurven wird vorausschauend die Geschwindigkeit reduziert. Damit sich der Fahrer nicht wundert, wird das auch im Tacho erläuternd eingeblendet. Auch 30er Zonen in Baustellenbereichen oder andere temporäre Geschwindigkeitsbeschränkungen erkannte ACC während unserer Probefahrt zuverlässig. Insgesamt waren wir von diesem vorausschauenden ACC sehr überzeugt. Nur auf der Brigittenauer Lände meinte der ID.3 irrtümlich in einem längeren Abschnitt, eine 30er Zone erkannt zu haben und hat an jedem Kreuzungspunkt dieser Straße wieder automatisch auf 30 abgebremst. Wir gehen von einem Fehler in den Kartendaten aus.
Der Rütteltest auf der Höhenstraße
Bergige Fahrten machen in einem Elektroauto besonders viel Spaß. Ein Elektromotor bietet auch aus dem Stillstand heraus bereits das volle Drehmoment, das Fahren in engen Kurven und steilen Straßen ist eine Freude. Unsere Probefahrt im VW ID.3 führte uns daher auch über die Höhenstraße. Wie erwartet, war es eine Freude, den ID.3 dort zu fahren. Den „Rütteltest“ auf dem Katzenkopfplaster der Höhenstraße hat das Auto im Prinzip sehr gut bestanden. Die Fahrzeuggeräusche sind im Innenraum auch auf diesen Straßen gut gedämmt, aber zwei „Schepperln“ konnten wir trotzdem finden. Hie und da hat es leise im Lenkrad gescheppert und manchmal hörten wir ein Klappergeräusch aus dem hinteren Teil des Fahrzeugs.
Die Rekuperation war bergab stark genug, um in Stellung „B“ bei moderater Geschwindigkeit auch ohne Bremse auszukommen. Bei sportlicherer Fahrweise hätten wir uns manchmal eine noch stärkere Rekuperation gewünscht. Die mechanischen Bremsen erfordern übrigens einen ordentlich beherzten Tritt, wenn’s mal kritisch wird, weil sich z.B. jemand in die Spur gezwickt hat. Vielleicht haben unsere hohen Erwartungen nicht ganz zur regennassen Trommelbremse an der Hinterachse gepasst. Mehr Druck aufs Bremspedal hat natürlich geholfen.
Angenehme Sitze, viel Platz, guter Sound, extrem kleiner Wendekreis
Wir haben uns auf Anhieb wohl gefühlt im Auto, die Sitze sind bequem, der Sound der Audioanlage ist sehr gut und die Bedienung ist problemlos und weitgehend intuitiv. Wir denken, dass wir auch auf Langstrecke entspannt aus diesem Fahrzeug aussteigen würden. Das Platzangebot ist gut. Wenn der Vordersitz auf einen Fahrer mit 1,75 m Körpergröße eingestellt ist, dann findet man auf den hinteren Sitzen eine Kniefreiheit wie bei einem Passat. Nur bei der Höhe muss man hinten Abstriche machen. Bei mehr als 1,80 sitzt man vorne bequemer. Der Kofferraum ist mit 385 Litern Fassungsvermögen recht groß, mit umgeklappten Rücksitzen kann man bis zu 1.267 Liter unterbringen.
VW hat es ausgenutzt, dass der ID.3 einen Hinterradantrieb hat und dem Auto einen sehr hohen Lenkeinschlag ermöglicht. Der Wendekreis ist dadurch mit 10,2 Metern erstaunlich gering für den langen Radstand. In der Stadt und in engen Parkräumen ist das ein nicht zu unterschätzender Vorteil.
Ein Lenkrad mit „Klonk“
Die kapazitiven Tasten am Lenkrad haben uns überrascht. Auf den ersten Blick erwartet man sich von den flachen Elementen keinerlei akustisches oder haptisches Feedback. Weit gefehlt: drückt man eine Taste, dann hört man ein deutliches Klonk und man fühlt ein Feedback am Lenkrad, wie wenn man die Taste mehrere Millimeter nach unten gedrückt hätte. Die Pfeiltasten rechts unten können übrigens auch per Finger wischen (Swipe) bedient werden. Auch die Tasten unter dem mittleren Bildschirm zur Einstellung der Temperatur bzw. der Lüfter-Geschwindigkeit kann man entweder drücken oder graduell als Gleitregler bedienen. Der mittlere Bildschirm kann sogar per Wischgeste in der Luft (ganz ohne Berührung) bedient werden.
Hallo ID – gut aber mit Startverzögerung
Die Spracherkennung („Hallo ID“) funktioniert gut und hat im Test alle unsere Befehle auf Anhieb gut verstanden und ausgeführt. Kleiner Wermutstropfen: es dauert eine ganze Weile, bis eine Spracheingabe möglich ist. Wenn man das Stichwort „Hallo ID“ sagt, sieht man zwar gleich, dass das Auto reagiert, aber es dauert mehrere Sekunden, bis die Spracherkennung wirklich zuhört. Die Zweiteilung (erst Hallo ID starten, dann länger warten, bis die Spracherkennung bereit ist) irritiert.
„Menschliche“ Seiten
Wir wissen natürlich, dass an der Software des ID.3 noch gearbeitet wird, wollten euch aber trotzdem die „menschlichen“ Seiten des Fahrzeugs nicht unterschlagen.
- Das verwirrte (verirrte?) Navi: Auf der Höhenstraße wollten wir das Navi auf den Rückgabepunkt Handelskai 343 in Wien programmieren. Aber offenbar hatte das Navi dort keinen GPS Empfang und hatte außerdem komplett vergessen, wo es war. Es wähnte sich 5149 km entfernt von Wien. Die angeforderte Routenführung wurde verweigert, es konnte keine Route berechnet werden. Ein paar km weiter funktionierte der GPS Empfang wieder und ein Start der Zielführung war wieder möglich. Interessantes Detail: das ID.Light unter der Windschutzscheibe wandert bei Abbiegepunkten in die jeweilige Richtung – praktisch.
- „Verkehrte“ Kindersicherung: Wir wollten den Platz auf den hinteren Sitzen testen und waren ganz schön überrascht, dass wir die Türe hinter dem Fahrersitz von außen nicht öffnen konnten. Ein Griff zur inneren Türschnalle hat dann geholfen. Aber eigentlich haben wir die Kindersicherung umgekehrt in Erinnerung? Wir denken, dass wir ein Opfer der „Handtaschenschaltung“ geworden sind, allerdings konnten wir die hintere Türe auch mit einem Doppelklick auf den Öffnen-Knopf des Autoschlüssels nicht aufsperren.
- „Tankstellen sind wichtig“: Das Navi zeigt wichtige Points-of-Interest wie Restaurants, Parkplätze, etc. an.Allerdings umfasst die Liste für „Energieaufnahme“ nicht nur die erwarteten Ladepunkte. Zusätzlich werden auch alle Tankstellen angezeigt. Zur Ehrenrettung ist allerdings anzumerken, dass wir es vorbildlich finden, dass E-Auto Ladepunkte mit der jeweiligen Ladeleistung angezeigt werden, das finden wir super.
- Das virtuelle Glatteis des Spurhalteassistenten: Wenn der Spurhalteassistent meint, dass man nicht ordentlich in der Mitte der Spur fährt, dann zeigt er das nicht nur im Display hinter dem Lenkrad mit einer entsprechenden Aufforderung an, er führt uns gefühlsmäßig auch aufs Glatteis. Ja, ernsthaft, wenn man nicht gleich der Aufforderung nachkommt und in die Mitte der Spur lenkt, dann lenkt das Auto selbständig in die Spurmitte, lässt dann aber wieder los. Dieses hin und her des Lenkrads fühlt sich dann an, als ob man keinen Grip mehr am Asphalt hat – es hinterlässt ein unangenehm schwammiges Gefühl im Lenkrad.
Empfehlenswertes Elektroauto
In Summe können wir eine klare Empfehlung für diese Elektroauto abgeben. Wir fuhren die Version mit 58 kWh Akku in der 1st Edition. Das Auto fährt sich sehr angenehm, die Bedienung ist problemlos, Reichweite und Serienausstattung sind gut, es gibt viel Platz und das Fahrzeug ist extrem wendig.
Der VW ID.3 ist aktuell in Österreich in der Serienversion als ID.3 Pro Performance (58 kWh) ab € 34.090,- erhältlich. Ab Anfang 2021 gibt es auch die Basisversion ID.3 Pure (45 kWh) mit einem voraussichtlichen österreichischen Preis unter € 30.000. Die Version PRO S (77 kWh, 4-Sitzer) wird in Österreich ab € 39.190,– erhältlich sein.
Die Preise sind unverbindliche, nicht kartellierte Richtpreise inkl. 20 % MwSt. Preisangaben inkl. E-Mobilitätsbonus des Importeurs, exkl. staatlicher Förderungen.